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Strategiepapier Medienbildung

Leitmotiv

Schülerinnen und Schüler in Leutenbach nehmen im Klassenzimmer einer neunten Klasse am Unterricht mit Hilfe von Laptops und Tablets teil.

Medienkompetenzprojekte sind ein wichtiger Grundpfeiler unserer lebendigen Demokratie. Im Strategiepapier Medienbildung werden die Ziele und vorgesehenen Maßnahmen zur Stärkung der Medienkompetenz weiterentwickelt.

Die Digitalisierung der Medienwelt schreitet in immer schnelleren Schritten voran und neue Technologien verändern Medienangebote und Mediennutzung in exponentieller Weise; heute ist von gestern, was gestern noch Zukunft war. Diese rasante Entwicklung bringt neue Möglichkeiten aber auch Herausforderungen mit sich, auf die die Politik und alle verantwortliche Stellen, aber auch die Gesellschaft an sich zeitgemäße Antworten finden muss. Die zunehmende Bedeutung der Medienkompetenz für alle Lebensbereiche hat die Landesregierung Baden-Württemberg frühzeitig erkannt und verfolgt mit der im Jahr 2010 gegründeten Initiative Kindermedienland die Stärkung der Medienkompetenz von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen im Land. Seit ihrer Gründung hat sich die Initiative mit ihren unterschiedlichen Partnern zu einer zentralen Plattform für Medienkompetenzprojekte im Land entwickelt. Medienbildungsangebote der Landesbehörden sowie zahlreichen Institutionen und Partner arbeiten hier Hand in Hand und dienen als wichtiger Grundpfeiler unserer lebendigen Demokratie. Die im vorliegenden Strategiepapier formulierten Ziele und vorgesehenen Maßnahmen entwickeln diesen Ansatz weiter und leisten einen wichtigen Beitrag zur digitalen Souveränität des Landes und damit zur Verwirklichung der Digitalisierungsstrategie digital.LÄND der Landesregierung.

In der digitalisierten Gegenwart korreliert Teilhabe mehr denn je mit der Medienkompetenz. Zum einen sind funktionierende Demokratien auf gut informierte Bürgerinnen und Bürger angewiesen und leben vom freien Wettbewerb der Meinungen und Ideen, die im Diskurs zu einer möglichst guten Lösung ausgehandelt werden. Angesichts der zahlreichen Informationsangebote und Formate braucht dies verschiedene Kompetenzen. Bereits jetzt informieren sich Jugendliche vorwiegend über soziale Medien und während klassische Medienangebote immer noch eine hohe Glaubwürdigkeit bei ihnen genießen, spielen auch Influencerinnen und Influencer eine immer größere Rolle. Nachrichten gibt es überall, aber nicht alle sind gut recherchiert und verifiziert – manche sogar absichtlich falsch und manipulativ. Dieser kaum überschaubaren Informationsflut werden wir in Schule und Gesellschaft entschieden Orientierung und Medienwissen entgegensetzen. Auch die Vorzüge einer freien Mediengesellschaft sowie die Werte des dualen Rundfunksystems und journalistisch fundierter Angebote müssen in der Gesellschaft wieder verankert werden. Denn gerade die Rundfunkanbieter und die Tageszeitungen sind ein Garant für kuratierte Inhalte im Internet und damit für gut informierte Bürgerinnen und Bürger.

Auch die Teilhabe im Alltag oder dem Arbeitsleben ist heute in hohem Maße von der Medienkompetenz abhängig, denn diese Lebensbereiche werden von Angeboten wie KI-gestützten Dialogsystemen oder computergestützten Erweiterungen der Realitätswahrnehmung durchdrungen. Nur wer die bestehenden und auch die neuartigen Medienangebote kennt und diese souverän und selbstständig zu nutzen weiß, wird deren Chancen und Vorteile ausschöpfen können. Das „Schritt halten“ wird so zum Dauerlauf von Jung bis Alt. Ziel der Landesregierung ist es, alle Menschen im Land für diesen Dauerlauf fit zu machen. Dabei darf niemand außer Acht gelassen werden, denn nur gemeinsam können wir der großen Herausforderung des Medienwandels begegnen. Deshalb sollen besonders jene Gruppen, für die sich der Umgang mit digitalen Angeboten als größere Herausforderung darstellt, mitgenommen werden. Als Beispiel sind hier ältere Menschen zu nennen – so ist laut SIM-Studie jeder Zweite über 80 Jahren offline. Bereits bei der Entwicklung von Programmen und digitalen Angeboten muss also an die Bedürfnisse verschiedener Nutzerinnen und Nutzer gedacht werden und parallel zur Digitalisierung für alle Betroffenen passende Bildungs- und Informationsangebote bereitgestellt werden. Nur so kann eine inklusive Digitalisierung ermöglicht werden, die niemanden zurücklässt und den Wohlstand des Landes, die Rechte und Teilhabemöglichkeiten aller Bürgerinnen und Bürger sowie den Erhalt der Demokratie sichert.

Digitalisierung als Chance

Wir begreifen die Digitalisierung als Chance und fördern eine medienkompetente Gesellschaft, die sich aktiv an der Gestaltung der digitalen Zukunft beteiligt. Dennoch dürfen wir nicht außer Acht lassen, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist. Ob beleidigende Kommentare und Äußerungen, verunglimpfende Bilder oder Videos mit rechtswidrigem Inhalt – Menschen werden zielgerichtet auch durch digitale Handlungen zu Betroffenen. Teilweise lässt die gefühlte Anonymität des Netzes Hemmschwellen sinken oder rechtliche Grenzen für die Nutzerinnen und Nutzer scheinbar verblassen. Diese digitale Gewalt nehmen wir ernst und bekämpfen sie ebenso nachdrücklich wie analoge Gewalt. Die Entwicklungen im Bereich Hass und Hetze, die oft im Internet und in den sozialen Medien ihren Ursprung finden, lassen sich aber nicht eindimensional bekämpfen. Daher ist eine gute Vernetzung zwischen Fachpersonen aus verschiedenen Bereichen des Hilfesystems und dem IT-Bereich sowie die Sensibilisierung der Öffentlichkeit unabdingbar für einen besseren Schutz vor digitaler Gewalt.

Auch Themen des „digitalen Verbraucherschutzes“ sind in digitalen Räumen und bei der Nutzung von digitalen Angeboten und Produkten von großer Bedeutung. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen in allen Lebenssituationen von den Vorteilen der Digitalisierung profitieren können. Digitale Angebote und Services sollen deshalb beispielsweise faire und angemessene Nutzungs- und Zahlungsbedingungen haben, den Datenschutz und die Privatsphäre der Nutzerinnen und Nutzer achten und diese nicht durch personalisierte Werbung und irreführendes Webdesign beeinflussen. Doch grundsätzlich sind Internetnutzerinnen und -nutzer immer noch selbst für ihre Sicherheit im Netz verantwortlich. Neben Verbraucherrechten und Sicherheitsstandards wollen wir daher durch Information und Sensibilisierung innerhalb der Medien- und Verbraucherbildung Risiken minimieren und das Vertrauen in das Internet stärken.

Umfassende Medienbildung in Baden-Württemberg fördern

Ziel der Landesregierung und unserer Partner ist es, eine umfassende Medienbildung in Baden-Württemberg zu fördern, die gesamtgesellschaftlich auf die Anforderungen der Digitalisierung vorbereitet, in der gesamten Bildungskette verstärkt verankert ist, aber auch explizit außerschulische Bereiche einbezieht sowie alters- und institutionenübergreifend angelegt ist. Angebote von Bildungseinrichtungen, Medienanstalten, öffentlich-rechtlichem Rundfunk und auch der Presse werden kombiniert, um alle Bürgerinnen und Bürger im Land dazu zu befähigen, digitale Medien kritisch zu hinterfragen, verantwortungsbewusst zu nutzen und innovative Lösungen für komplexe Probleme zu finden. Die Meilensteine dieser Strategie sollen wichtige Schritte in diese Richtung sein.